Buchrezension: Stefan Thurner „Die Zerbrechlichkeit Der Welt – Kollaps oder Wende. Wir haben es in der Hand.“

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Buchrezension: Stefan Thurner „Die Zerbrechlichkeit Der Welt – Kollaps oder Wende. Wir haben es in der Hand.“

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Die Uhr tickt, Weltuntergangstimmung: Finanzkrisen, Klimaerwärmung und der Zusammenbruch der Zivilgesellschaft bedrohen die moderne Zivilisation. Stefan Thurner, promovierter Physiker, Ökonom und Leiter des Complexity Science Hub Vienna, will mit seinem neusten Buch frische Ansätze zur Bewältigung der drohenden Krisen aufzeigen. Dabei bezieht er sich als Komplexitätsforscher auf die Wissenschaft komplexer Systeme, die stabil und zerbrechlich zugleich sind. Denn zu gegebener Zeit nähern sich diese Systeme gewissen Tipping Points, die das System beim Überschreiten unweigerlich kollabieren lassen. Chaos und Neustrukturierung sind die Folge.

Zum Inhalt
Auf 272 Seiten führt der Autor in sieben Kapiteln in die Welt der komplexen Systeme ein und zeigt deutlich ihre Zerbrechlichkeit auf. Thurner belegt dies mit historischen Beispielen, wie dem Untergang des Römischen Reiches, der Rapa Nui auf den Osterinseln oder den Maya. Dann widmet er sich den heutigen großen gesellschaftskonstituierenden Systemen wie dem Finanzsystem, dem Ökosystem und der Demokratie und zeigt auf, welche Warnsignale für deren akute Zerbrechlichkeit bereits zu erkennen sind. Alarmsignale seien etwa die Finanzkrise 2008, die Erderwärmung, Artensterben, National-Populismus, digitale Diktatur und Filterbubbles.

Gerahmt werden diese düsteren Aussichten von einem positiven Blick. Der Autor ist überzeugt, dass durch Sammlung, Speicherung und Auswertung von Daten, Fortschritt und Wissenschaft, heutige Tipping Points noch rechtzeitig erkannt und korrigiert werden können. Doch gleichzeitig schränkt er ein, „soweit dies überhaupt möglich ist“ (S. 239). Wenn Wissenschaft und Politik optimal zusammenarbeiteten, bestünde prinzipiell Hoffnung (S. 235) auf eine positive Zukunft. Kollektives, proaktives Handeln sei gefragt und Ideologie, Religion, Macht und Autorität werden dabei als Lösungsstrategien kategorisch ausgeschlossen. Allerdings wird der Mensch zum Schluss des Buches trotzdem aufgefordert, ein digitaler Humanist zu werden.

Für den Lesenden
An einer besseren Welt haben sich schon viele Autoren, Wissenschaftler, Techniker und Künstler versucht und diverse Ideen hervorgebracht. Die Lage ist ernst, das wissen wir alle. Die Probleme wachsen und werden zunehmend nicht nur komplizierter, sondern auch komplexer. Die Überzeugung, dass zur Rettung der Welt “ausschließlich“ (S. 23) die Zusammenarbeit einzelner Disziplinen, weitere Forschung und Big Data gehören, klingt ein wenig simpel und nach Märchen. Modern erzählt eben. Die Lösung für unsere Krisen liegt eben nicht auf der Hand, sondern muss vielleicht auch idealistische und metaphysische Ansätze miteinschließen. Wer dies im Blick behält wird jedoch dieses Buch mit Gewinn lesen.

Claudia Mohr

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