Der Journalist Christian Alt und der Politologe Christian Schiffer haben ein neues Buch über Ufos geschrieben und nutzten dabei so ziemlich jede Quelle, die noch einigermaßen seriös ist. Natürlich geht es um Aliens, geheime Untersuchungen, Ufo-Videos, Ufo-Unternehmen, Erich von Däniken und viel Psychologie. Die Autoren wollen das Ufo-Phänomen systematisch aufrollen. Ihre These: Unbekannte Flugobjekte (ob es sie nun geben mag oder nicht) verweisen immer auch auf die Menschen selbst und spiegeln deren Hoffnungen, Träume und Wünsche (S. 13). Die Autoren wollen eine Brücke schlagen zwischen der Vermarktung des Phänomens und der ernsthaften Beschäftigung damit. Sie sind der Meinung: „Wir brauchen dringend eine neue Ufo-Kultur, eine neue rationale Ufologie“ (S. 15).
Zum Buch
In sechs Kapiteln, eingerahmt von einem Vor- und Nachwort nähern sich die Autoren in unterhaltsamer Weise dem Phänomen Ufo. Das erste Kapitel stellt die Relevanz des Themas dar. Im zweiten Kapitel wird die erste Welle des Ufo-Hypes in den 1950er Jahren geschildert. Kapitel drei widmet sich der ersten angeblichen Ufo-Landung in Roswell/USA. Auch Kapitel vier bis sechs erzählen kritisch von weiteren Ufo-Begegnungen. Area 51, ausgewählte Ufo-Entführungen, Erich von Däniken und die eminente Rolle der Popkultur werden anschaulich beschrieben. Zuletzt werden Ufo-Theorien vorgestellt, wie die Rare-Earth-Hypothese oder die Dunkler-Wald-Hypothese und physikalische Deutungen zum Phänomen gegeben, wie Manipulation oder die destabilisierte Sensorreflektion. Daneben gibt es auch einen Einblick in psychologische Erklärungsversuche wie Halluzinationen, Schlafparalysen, Psychosen, die Confirmation-Bias und die Intentionality Bias.
„Die Geschichte der Ufos ist zyklisch, ein ewiger Kreislauf aus Glaube, Hoffnung, Liebe und Skepsis“ (S.59). Die erste Ufo-Sichtung geschah 1947 durch den US-Piloten Kenneth Arnold. Danach hat sich ziemlich schnell die Popkultur dem Thema angenommen und es vielfach weitergesponnen. In den 1950er und 1960er Jahren gab es dann das „Project Blue Book“ der US-Regierung, das Zeugenaussagen genauer untersuchte und 95 Prozent der Fälle aufklären konnte. 1972 wurde dazu die Hynek-Skala entwickelt, die verschiedene Intensitäten von Ufo-Kontakten unterscheidet. Die erste Stufe ist die nächtliche Sichtung von Nocturnal Lights, die sich jedoch als Fehlerquelle herausstellt wie bzw. helle Sterne, Flugzeuge oder Lichtreflexionen. Die zweite Stufe der Daylight Discs kennzeichnet die Sichtung von Flugscheiben am helllichten Tag. In der dritten Stufe (Radar) wird die Sichtung mithilfe von Radarsystemen bestätigt. In der vierten Stufe steht das Close Encouter im Vordergrund, der Erstkontakt mit Aliens.
Aber die Autoren sind sich sicher: „Ufos und Aliens liegen im Bereich dessen, was wissenschaftlich möglich ist“ (S. 145). Wer an Ufos glaube, sei nicht zwingend ein Verschwörungstheoretiker. Da das Thema ohne harte Fakten auskommen muss, ist die Nähe zur Parawissenschaft deutlich gegeben. Auch die besten Ufobilder sind immer noch unscharf und schlecht zu erkennen und physische Beweise fehlen. Zentral ist jedoch das Heilsversprechen, denn Aliens könnten neue Technologien spenden oder den Weltfrieden herbeizaubern. Der Ufoglaube hat oft esoterische und spirituelle Konnotationen und ist manchmal nur schwer von New-Age-Gedankengut abzugrenzen. Andererseits gibt es bei den Ufologen auch eine kritisch-rationale Seite, da es um Biologie und Physik geht. „Scheinbar sind sich alle einig, dass irgendetwas da draußen ist, das wir uns nicht erklären können“ (S.12).
Zum Punkt
Interessant ist, dass verschiedene Genres an der Ufo-Erforschung beteiligt sind. So wird neben der Politik und dem Militär die Psychologie bemüht, die Popkultur, die Esoterik, die Archäologie oder auch die Religion. Besonders Adventisten wird einiges bekannt vorkommen. Zum einen wird Hiram Edson vorgestellt, der 1844 die große Enttäuschung miterlebte und trotzdem nicht aufgab. Er erkannte, dass „der Messias halt noch irgendetwas zu erledigen habe, bevor er wieder auf die Erde kommt“ (S. 111) und predigte unverdrossen weiter. Auch die Davidianer mit David Koresh, die sich 1993 in Waco verschanzten und belagert wurden, sind in der Freikirche bekannt. Trotz Wiedererkennungswert, guter Recherche und ehrlichem Zweifel bleibt klar: eindeutige Antworten gibt es bisher nicht.
Lustig, anekdotenreich und auch etwas flapsig werden hier große Fragen der Menschheit thematisiert: Sind wir allein im Universum oder nicht? Fakt ist, wir wissen, dass wir es nicht wissen. Eines aber wird deutlich: „Fliegende Untertassen könnten als Symbol für unsere Sehnsucht nach überirdischer Führung und unsere Hoffnung auf Kontakt mit einer höheren Intelligenz gedeutet werden. Der Glaube an Ufos ist eine Ersatzreligion für alle, die nicht an einen Gott glauben wollen… Aliens und Ufos geben auch dort noch Trost und Hoffnung, wo Gott schon lange tot ist“ (S. 228). Solche Bemerkungen regen zum Nachdenken und zur Selbstreflexion an in einer ansonsten leichten, unterhaltsamen und kurzweiligen Lektüre. Ein guter Einblick in den neu entstandenen Ufo-Hype, gerade kritisch genug, um noch seriös zu sein, und doch ein bisschen fantastisch. Gibt es Ufos? Die Autoren sind sich nicht sicher, aber sie wissen, dass da draußen etwas ist. Aber was ist es?
Claudia Mohr
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