Trotz dieses seit 2019 bestehenden UN-Gedenktages fühlen viele Christen sich angesichts stetig zunehmender Unterdrückung und Gewalt vergessen, schreibt Open Doors Deutschland in einer Pressemitteilung. Die Organisation, die verfolgte Christen in rund 70 Ländern mit umfangreichen Hilfsprojekten unterstützt, weist exemplarisch auf Indien und Nigeria hin. In diesen Ländern wurden seit April 2023 mehr als 400 Christen ermordet und über 400 Kirchen zerstört – jeweils in nur einem einzigen Bundesstaat. Über 130.000 Christen seien vertrieben worden.
„Von der Politik übersehen“
Obwohl über das erschreckende Ausmaß und die starke Zunahme der Gewalt gegen Christen hinlänglich berichtet worden sei, fehlten öffentliche Stellungnahmen dazu vonseiten der Politik sowie wirksame Konzepte und Initiativen, um gegenzusteuern oder zumindest den Betroffenen Hilfe und Schutz zu bieten, beklagt Open Doors. „Welche Werte werden von der wertegeleiteten Außenpolitik der Bundesregierung am stärksten betont? Religions- und damit auch Meinungs- und Versammlungsfreiheit werden zwar erwähnt, was aber folgt daraus? Das seit Jahren extreme Ausmaß von Gewalt gegen Christen scheint übersehen zu werden“, heißt es in der Pressemitteilung. Für Markus Rode, den Leiter von Open Doors Deutschland, spielt der Verlust christlicher Werte zugunsten eines humanistischen Weltbildes ohne Gott dabei eine wesentliche Rolle. „Wer dieses Weltbild hat, kann kaum verstehen, dass Christen, die aufgrund ihres Glaubens in vielen Ländern verfolgt werden, an Jesus festhalten – obwohl dies für sie Leid und Verfolgung bedeutet“, so Rode.
Das Hilfswerk Open Doors ist bekannt für die Veröffentlichung des Weltverfolgungsindex, eine jährliche, weltweite Erhebung zur Situation verfolgter Christen (siehe dazu die APD-Meldung vom 19. Januar: www.apd.info/news/2023/01/19/neuer-weltverfolgungsindex-starke-zunahme-von-christenverfolgung-weltweit
Erklärung im Namen der Deutschen Bischofskonferenz
Auch die römisch-katholische Deutsche Bischofskonferenz hat eine Pressemeldung zum UN-Gedenktag für Opfer religiöser Gewalt herausgegeben. Darin wird die Stellungnahme von Bischof Dr. Bertram Meier (Augsburg), Vorsitzender der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz zitiert: „In einer Welt, die von Vielfalt und unterschiedlichen Glaubensüberzeugungen geprägt ist, dürfen wir niemals die Augen vor der Verfolgung von Gläubigen verschließen. Der Tag erinnert uns daran, dass wir gemeinsam gegen religiös motivierte Gewalt vorgehen müssen, um eine gerechtere und friedlichere Zukunft zu schaffen.“ Weiter heißt es in der Erklärung von Bischof Bertram Meier: „Religiöser Glaube sollte niemals ein Grund für Gewalt sein. Es ist unsere Pflicht, unabhängig von unserer Religionszugehörigkeit, für die Freiheit der Gläubigen einzutreten und uns gemeinsam für eine Welt ohne religiös motivierte Diskriminierung und Gewalt einzusetzen. Die internationale Staatengemeinschaft ist deshalb aufgerufen, religiöse Intoleranz zu bekämpfen und sicherzustellen, dass diejenigen, die aufgrund ihrer Glaubensüberzeugungen leiden, angemessenen Schutz und Unterstützung erhalten.“ Er fordert zugleich einen intensiveren Dialog zwischen den Religionen, um Hass und religiöser Gewalt entgegenzuwirken: „Nur durch Verständnis, Toleranz und Liebe können wir die Wunden der Intoleranz heilen. Die Führungspersönlichkeiten der Religionen in jedem Land tragen eine gewichtige Rolle in dieser Situation. Sie können entweder zur Förderung von Toleranz und Verständnis beitragen oder, im schlimmsten Fall, Intoleranz und Hass schüren“, so Bischof Meier.
Stellungnahme der Deutschen Vereinigung für Religionsfreiheit e. V.
Die Deutsche Vereinigung für Religionsfreiheit e. V. äußerte sich ebenfalls zum UN-Gedenktag gegen religiöse Gewalt. In einer Stellungnahme schrieb Vorstandsmitglied Dr. Harald Mueller: „Der jährliche UN-Gedenktag gegen religiöse Gewalt ruft angesichts der global zu beobachtenden religiös motivierten Aggressionen schmerzlich ins Bewusstsein, dass diese Welt keine bessere geworden ist. Zahlenmäßig sind Christen die am häufigsten verfolgte Gruppe, was hierzulande angesichts der weitgehenden religiösen Sicherheit oft aus dem Blick gerät. Islamistische Terrortaten in Teilen Afrikas oder Pogrome gegen Christen in Pakistan wegen angeblicher Lästerung des Propheten Mohammed erwecken zumindest für kurze Zeit eine mediale Aufmerksamkeit. Es werden allerdings nicht nur Christen zu Opfern. So haben die Koranverbrennungen als widerliche Manifestationen religiösen Hasses erst kürzlich wieder politische Wellen geschlagen und gewaltsame Gegenreaktionen provoziert. Die Spirale von Gewalt und Gegengewalt wird sich auch zukünftig weiterdrehen, wenn es nicht gelingt, an den Ursachen anzusetzen. Wie kann religiös begründeter Hass zwischen Menschen abgebaut werden? Die meisten Religionen enthalten Friedensappelle in ihren Lehren. Warum können die Gläubigen damit nicht umgehen? Wahrscheinlich wird man ganz unten anfangen müssen, bei den Familien und der frühkindlichen Bildung. Angesichts der kulturellen Vielfalt in unserem Land ist jeder Einzelne aufgerufen, selbst einen Betrag gegen Hass und religiöse Intoleranz in seiner unmittelbaren Umgebung zu leisten.“
Open Doors
Mehr als 360 Millionen Christen sind weltweit aufgrund ihres Glaubens einem zumindest hohen Ausmass an Verfolgung ausgesetzt. Open Doors wurde 1955 gegründet und hilft heute verfolgten Christen ungeachtet ihrer Konfession in mehr als 70 Ländern.
Mehr zu Open Doors: www.opendoors.de
Deutsche Vereinigung für Religionsfreiheit e. V.
Die Deutsche Vereinigung für Religionsfreiheit e. V. ist ein Zweig der Internationalen Vereinigung zur Verteidigung und Förderung der Religionsfreiheit, die 1946 von dem Arzt Dr. Jean Nussbaum in Paris gegründet wurde und heute ihren Sitz in Bern hat. Ziel der Vereinigung ist die Förderung und Wahrung der Grundsätze der Religionsfreiheit, die wissenschaftliche Erforschung der Grundrechte der Glaubens- und Gewissensfreiheit sowie die Förderung der allgemeinen Toleranz durch Wahrung der Rechte des Einzelnen, seinen Glauben und seine Überzeugung öffentlich oder privat zu vertreten. Die Vereinigung unterhält ein Institut für Religionsfreiheit, das an der Theologischen Hochschule Friedensau bei Magdeburg angesiedelt ist und vom Juristen Dr. Harald Mueller geleitet wird.
Bericht des Pew Research Centers
“A Closer Look at How Religious Restrictions Have Risen Around the World”