Zivilcourage statt Wegschauen: Zum 70. Todestag von Dietrich Bonhoeffer

Vor siebzig Jahren, am 9.4.1945, wurde Dietrich Bonhoeffer ermordet, weil er als „frommer Rebell“ dem Naziterror widersprach. Nicht nur in der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) wird des Pfarrers gedacht, der kurz vor Kriegsende hingerichtet wurde und dessen Worte bis heute wirksam sind.

„Bonhoeffer bleibt eine Inspiration für jene, die sich in Situationen von Unterdrückung und Gewalt für die Menschenwürde einsetzen“, betonte Heinrich Bedford-Strohm, Vorsitzender des Rates der EKD und Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern. Viele Sätze Bonhoeffers prägten die evangelische Kirche bis heute: „Die Kirche ist nur Kirche, wenn sie für andere da ist“, sei einer dieser Sätze. Auch für den Ratsvorsitzenden wäre er von besonderer Bedeutung: „Bonhoeffer kann uns erinnern, dass wir uns nicht bequem einrichten dürfen, sondern auch die kritische Kraft des Evangeliums in der Gesellschaft zur Sprache bringen müssen.“

Doch Dietrich Bonhoeffer sei nicht nur ein Rebell gewesen. Bis heute trösteten seine Worte. Auf unzähligen Beerdigungen singen Menschen „Von guten Mächten treu und still umgeben, behütet und getröstet wunderbar.“ Bonhoeffer schrieb dieses Gedicht im Gefängnis und mache deutlich: wer bereit sei, sich seiner existentiellen Not zu stellen und davon zu erzählen, könne auch andere Menschen in ihrer Not trösten. „Im Glauben daran, dass wir trotz allem gehalten sind, sind wir bis heute mit Bonhoeffer verbunden und können uns von seinen Worten trösten und stärken lassen“, sagte Heinrich Bedford-Strohm.

Bonhoeffer ein Vorbild der Zivilcourage
Laut Holger Teubert, stellvertretender Mediensprecher der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten in Deutschland, sei Dietrich Bonhoeffer auch für Adventisten ein „Vorbild der Zivilcourage als Merkmal christlicher Integrität“. Mit diesen Worten habe bereits im letzten Jahr Johannes Hartlapp, Dozent für Kirchen- und Religionsgeschichte sowie Ökumenik an der adventistischen Theologischen Hochschule Friedensau bei Magdeburg, den evangelischen Pfarrer und Widerstandskämpfer gewürdigt. In seinem Artikel in der Zeitschrift „Adventisten heute“, Januar 2014, schrieb Hartlapp, dass spätestens in Situationen, bei denen die Normen und Gesetze des Staates im Widerspruch zum Willen Gottes stünden, so wie er in der Bibel festgehalten sei, gebe es für Christen einen offenen Konflikt. Das allgemeine Verhalten der Kirchen in der Zeit des Nationalsozialismus, auch der Adventisten in Deutschland, sei ein trauriges Beispiel dafür. Nur wenige hätten in den Jahren des NS-Regimes die Ursachen des Gewissenskonfliktes durchschaut. „Einer von ihnen war Dietrich Bonhoeffer.“

In seinen Notizen „Nach zehn Jahren“ zur Jahreswende 1942/43 habe der damals 36-Jährige versucht, sich selbst Rechenschaft über sein Verhalten während der Hitler-Diktatur zu geben, so Hartlapp. Er habe die Frage gestellt, warum Christen oft wenig Rückgrat bewiesen indem sie bereit seien, ihr gesundes Empfinden von Gerechtigkeit und Wahrhaftigkeit zu knebeln und versuchten, sich „heroisch aus der Affäre“ zu ziehen. Im Blick auf seine Zeit fragte Bonhoeffer: „Wer hält stand?“ Seine Antwort: „Allein der, dem nicht seine Vernunft, sein Prinzip, sein Gewissen, seine Freiheit, seine Tugend der letzte Maßstab ist, sondern der dies alles zu opfern bereit ist, wenn er im Glauben und in alleiniger Bindung an Gott zu gehorsamer und verantwortlicher Tat gerufen ist.“

Doch Zivilcourage betreffe jeden, unterstrich Hartlapp. „Verantwortliches Handeln dokumentiert, dass wir die Bahnen der eigenen Selbstgefälligkeit zu verlassen bereit sind und nicht versuchen uns ‚heroisch aus der Affäre‘ zu ziehen.“ Bonhoeffer habe aus seiner eigenen Erfahrung sagen können, dass es die Bindung an Gott und sein Wort war, die ihm half, verantwortlich zu handeln. „Bis heute ist er ein Vorbild für glaubhaftes Christsein.“ Obwohl in den vergangenen Jahrzehnten viele ethische Normen einer allgemeinen Beliebigkeit zum Opfer gefallen seien, würden bis heute an bekennende Christen immer noch andere Maßstäbe angelegt. „Einer davon ist Mut, für seine Überzeugung einzustehen“, hob Harlapp hervor.

In den Liederbüchern der Siebenten-Tags-Adventisten „Wir loben Gott“ (1982) und „Leben aus der Quelle“ (2004) ist das Lied „Von guten Machten treu und still umgeben“ zu finden, zu dem Dietrich Bonhoeffer den Text schrieb, informierte Teubert.

Politisches Handeln theologisch begründet
Dietrich Bonhoeffer wurde am 4. Februar 1906 in Breslau geboren. Am 9.4.1945 wurde er – wenige Wochen vor Kriegsende – im Konzentrationslager Flossenbürg hingerichtet. Bonhoeffer hatte während des Dritten Reichs der nationalsozialistischen Ideologie widersprochen und gehörte zum Kreis derer, die das Attentat am 20. Juli 1944 auf Adolf Hitler vorbereitet haben. Dabei hat er sein politisches Handeln immer theologisch begründet. Er hat ein umfangreiches theologisches Werk hinterlassen. Seine Briefe und Texte aus der Zeit der Haft (1943-1945) sind nach dem Krieg unter dem Titel „Widerstand und Ergebung“ und „Brautbriefe – Zelle 92“ veröffentlicht worden.

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