Wie Adventisten sexueller Gewalt entgegentreten

Die Arbeitshilfe Schützen & begleiten und das neue Buch Sexueller Gewalt begegnen des Advent-Verlags, Lüneburg.

© Fachbeirat Sexueller Gewalt begegnen / Advent-Verlag, Lüneburg

Wie Adventisten sexueller Gewalt entgegentreten

APD

Risikoanalyse als neues Angebot

Zentraler Bestandteil der Entwicklung eines Schutzkonzepts für Kinder und Jugendliche in Kirchengemeinden ist die Analyse bestehender Schutz- und Risikofaktoren, kurz Risikoanalyse genannt. Auf der neuen Website können Gemeinden und Gruppen kostenfrei eine moderierte Risikoanalyse durchführen. Sie ist vergleichbar mit einer sorgfältigen Bestandsaufnahme und untersucht und beschreibt, ob in einer Gemeinde oder Gruppe Schwachstellen bestehen, die sexuelle Gewalt ermöglichen oder sogar begünstigen. In dieser digitalen Version werden auch Textbausteine zur Verfügung gestellt, und am Ende des Prozesses wird ein PDF-Dokument ausgegeben, das an die zuständigen Personen und Stellen (u.a. Jugendamt) weitergegeben werden könne. „Wer ein passgenaues Schutzkonzept erstellen will, muss wissen, welche Schutz- und Risikofaktoren in der Gemeinde oder Gruppe vorhanden sind“, heißt es in der Beschreibung auf der Website. Die Ergebnisse der Risikoanalyse würden zeigen, welche konzeptionellen, strukturellen oder personellen Verbesserungen hinsichtlich des Schutzes vor sexueller Gewalt erforderlich seien und umgesetzt werden müssten. Gleichzeitig würden Gemeinden und Gruppen dadurch den gesetzlichen Anforderungen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen nachkommen.

Arbeitshilfe Schützen & begleiten

Auf der Website ist auch die Arbeitshilfe Schützen & begleiten als Download erhältlich. Sie ist ein praxisorientierter Leitfaden, um ein Schutzkonzept passgenau für die eigene Gruppe oder Gemeinde auszuarbeiten. Darin werden konkrete Schritte beschrieben, wie ein Schutzkonzept entwickelt werden kann. Ein Schutzkonzept sei die Antwort auf die Frage: „Was muss geschehen, damit nichts geschieht?“, so Jochen Härdter, Leiter des RPI.

Buchveröffentlichung Sexueller Gewalt begegnen

Im Advent-Verlag, Lüneburg, in diesem Monat das Buch Sexueller Gewalt begegnenSind unsere Gemeinden ein sicherer Ort für Kinder und Jugendliche? erschienen, das gemeinsam mit der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten in Deutschland herausgegeben wurde. Autor ist Oliver Gall, Jurist und Leiter des Fachbeirates Sexueller Gewalt begegnen.

Das Buch ist entstanden, um eine breitere Öffentlichkeit für die Tatsache zu sensibilisieren, dass sexueller Missbrauch an Kindern und Jugendlichen auch heute und auch in adventistischen Kirchengemeinden vorkommt, beispielsweise bei der Kinder- und Jugendarbeit oder von Kirchenmitgliedern im privaten Umfeld. „Nur wer weiß, dass es so etwas gibt, kann achtsam damit umgehen und reagieren, wenn Grenzüberschreitungen bemerkt werden“, heißt es im Klappentext des Buches. Neben Begriffsbestimmungen, Informationen, Zahlen und Fallbeispielen bietet das Buch Einsichten darüber, welche Werte sexuellen Missbrauch fördern oder ihm vorbeugen. Auch deckt es Täterstrategien auf und zeigt, was geschehen sollte, um Kinder stark zu machen und sexuelle Gewalt zu verhindern. Als Leiter des Fachbeirats SGb hat Oliver Gall durch die der Bearbeitung von konkreten Fällen einen tiefen Einblick in die Schicksale Betroffener erhalten.

Broschüre für Kinder: Wenn ich mal nicht weiterweiß …

RPI und SGb haben das Kinderschutz-Heft Wenn ich mal nicht weiterweiß ... herausgegeben. Das Heft soll schulpflichtigen Kindern im Einflussbereich der Freikirche helfen, gesund und beschützt heranzuwachsen – gerade dann, wenn sie sich von Erwachsenen bedrängt fühlen. Im Heft werden diffuse Gefühle sowie mehrdeutige Situationen thematisiert, die für ein Kind schwierig einzuordnen sind. Den Kindern wird erläutert, dass Erwachsene sich im Umgang mit Kindern an Regeln halten müssen und dass es Kinderrechte gibt, auf die sie sich berufen können. Das Heft ist unter der Website https://sexueller-gewalt-begegnen.de/materialien/downloads kostenlos herunterzuladen. Dort sind auch andere Materialien als Download erhältlich.

Ausgabe der Kirchenzeitschrift Adventisten heute zum Thema

Die Septemberausgabe von Adventisten heute befasste sich im Titelthema mit Sexueller Gewalt. Sie gibt es als kostenfreies pdf zum Download unter https://advent-verlag.de/zeitschriften/adventisten-heute/aheu-september-22-sexueller-gewalt-begegnen

Fachbeirat „Sexueller Gewalt begegnen“

In Deutschland hat die Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten seit Dezember 2009 Richtlinien und einen Verhaltenskodex für alle ehren- und hauptamtlichen Mitarbeiter/-innen beschlossen. Im Juni 2010 wurde durch die Freikirche der unabhängige Fachbeirat „Sexueller Gewalt begegnen“ berufen, der sich einerseits um die Erstellung von Materialien kümmert und andererseits in konkreten Fällen angesprochen wird, diese entsprechend seiner ihm übertragenen Kompetenz aufzuarbeiten. Weitere Infos unter http://sexueller-gewalt-begegnen.de/.

Schweiz und Österreich

Die Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten in der Schweiz entsendet eine Vertreterin in den Fachbeirat SGb, der auch für die Schweiz zuständig ist. Außerdem nutzt sie die Materialien des SGb. Alle Angestellten und Ehrenamtlichen müssen den Verhaltenskodex unterschreiben, der auch in Deutschland verwendet wird.

In Österreich unterhält die Kirche der Siebenten-Tags-Adventisten einen einen eigenen Beirat, der aktiv wird, wenn Fälle von sexueller Gewalt auftreten. Die Abteilungsleiterin des Dienstbereichs „Junge Gemeinde“ bietet regelmäßige Online-Meetings für alle ehren- und hauptamtlichen Kirchenmitarbeiter im Beriech von Kinder-, Teenie- und Jugendarbeit an, um für das Thema zu sensibilisieren. Angestellte der Kirche müssen einen Verhaltenskodex unterschreiben – vergleichbar mit dem in Deutschland und der Schweiz – und erhalten regelmäßige Schulungen.

Nicht wegsehen!

Wer einen Verdacht habe, dass sexueller Missbrauch in einer adventistischen Kirchengemeinde vorgefallen sei, solle „nicht wegsehen, keine unbegründete Ehrfurcht vor Ämtern oder Personen haben, sondern sich Hilfe holen und Notizen über die Beobachtungen anfertigen“, so der Fachbeirat SGb. Damit könne man sich an den Fachbeirat wenden (per E-Mail unter missbrauch@adventisten.de oder unter der gebührenfreien Telefonnummer 0800 5015007).