Die kleine Abbildung der Kirche der Siebenten-Tags-Adventisten in Bagdad auf einer irakischen Briefmarke sei an sich schon bemerkenswert, so MENAUM, zu deren Verwaltungsgebiet auch die Adventisten im Irak gehören. Aber für jene, die sich daran erinnerten, wie früher in dieser Kirche am Samstag Gottesdienst gefeiert wurde und ein blühendes Gemeindeleben gepflegt worden sei, löse diese Briefmarke „eine Welle der Nostalgie und mehr als nur ein paar Tränen“ aus. Dennoch stehe sie auch für Hoffnung. „Die Briefmarken sind ein Symbol für die Strategie der Regierung, die Christen zurückzubringen“, äußerte Darron Boyd, Leiter der Adventisten in der östlichen Mittelmeerregion.
„Es ist eine große Ehre für unsere Kirche auf nationaler Ebene gewürdigt zu werden“, betonte Rick McEdward, Präsident von MENAUM. „Obwohl es sich um eine mehrheitlich muslimische Nation handelt, gibt es immer noch ein Empfinden der Wertschätzung von Vielfalt und Freiheit. Dies ist angesichts der tragischen Umstände der letzten Jahre von großer Bedeutung.“
Christentum älteste Religion im Irak
Das sei auch die Absicht von Garabet Manskan Armenak gewesen, teilte MENAUM mit. Als ehemaliger Generaldirektor des Christlichen Büros des christlichen, jesidischen und sabianisch-mandäischen Diwan (Rat) in Bagdad initiierte er das Projekt für die Sonderbriefmarken. „Wir wollten die irakische Regierung und die Menschen im Land daran erinnern, dass das Christentum die älteste Religion im Irak ist, indem wir die Schönheit von Kirchengebäuden auf den Briefmarken präsentieren", sagte Armenak. „Das Christentum koexistiert mit anderen Religionen in diesem Land. Es ist keine fremde Religion“, betonte er.
Adventisten im Irak
Die adventistische Kirche in Bagdad wurde 1961 eingeweiht und sei laut MENAUM die Heimat einer aktiven Gemeinde gewesen, die regelmäßig Gottesdienste und weitere Veranstaltungen abgehalten und in der Hauptstadt gut bekannt gewesen wäre. Die jährlich stattfindenden Ferienbibelschulen hätten Hunderte von Kindern und ihre Eltern angezogen. In der Weihnachtszeit habe der Kirchenchor häufig bei den Gemeindefesten gesungen. Damals hätten die adventistische Kirche sowie andere christliche Minderheiten ein „ermutigendes Maß an Unterstützung und Schutz“ erlebt. Basim Fargo, der in dieser Zeit als Präsident die Adventisten im Irak leitete, erinnert sich, dass seine Kirche damals von der Regierung offiziell anerkannt gewesen sei und mehrere aktive Kirchengemeinden im Land gehabt habe.
Es begann in Mosul
Die ersten Adventisten im Irak gab es seit 1923 in Mosul im Norden des Landes. 1958 wurde die erste adventistische Kirche in der Hauptstadt Bagdad eingeweiht. Weitere Kirchengemeinden gab es in Mosul, Kirkuk und Basra. 1931 eröffnete die Adventisten in Mosul eine Grundschule, die 1945 zu einer Mittelschule erweitert wurde und 1958 insgesamt 125 Schülerinnen und Schüler zählte. Anfang der 1960er Jahre musste die Schule aufgrund politischer Unruhen im Nordirak geschlossen werden. Auch in Bagdad gab es seit 1947 eine Bildungsstätte, die später zu einem Gymnasium ausgebaut und 1974 verstaatlicht wurde. Weitere adventistische Grundschulen entstanden 1948 in Basra und 1954 in Kirkuk, die später aufgegeben werden mussten. Die adventistische Kirche unterhielt seit 1946 auch das Dar es-Salaam Krankenhaus in Bagdad, welches 1959 verstaatlicht wurde. Seit 1959 waren die Adventisten im Irak staatlich anerkannt. Trotz der Verstaatlichung ihrer Schulen und des Krankenhauses konnte die Kirche weiterhin ihre Gottesdienste feiern.
Adventisten verlassen das Land
Vor Kriegsbeginn im Jahr 2003 hatten noch rund 500 Adventisten im Irak gewohnt. Aufgrund der allgegenwärtigen Gewalt, den Entführungen und Bombenanschlägen verließen die meisten von ihnen das Land. Viermal wurde das adventistische Gemeindezentrum in Bagdad von Begleitschäden anderer Bombenanschläge mitbetroffen. Im Jahr 2004 war das Kirchengebäude selbst das Ziel eines Autobombenanschlags mit 150 Kilogramm Sprengstoff. Da die Anschläge jedoch nicht zu Gottesdienstzeiten erfolgten, kam damals kein Gemeindemitglied zu Schaden.
Obwohl mit finanzieller Unterstützung der Regierung die Gebäudeschäden immer wieder beseitigt werden konnten, hätten die Kirchenmitglieder in Bagdad aus Sicherheitsgründen begonnen, sich in Privathäusern zum Gottesdienst zu versammeln, da die Stadt zunehmend von Instabilität, Terrorismus und Entführungen betroffen gewesen sei. Zwar sei die Kirche schließlich wiedereröffnet worden, doch hätten die Türen 2017 wieder geschlossen werden müssen, da nur noch wenige Mitglieder in der Stadt verblieben wären, berichtete George Shamon Yousif, der amtierende Leiter der Adventisten im Irak.
Aufgrund der Krise im Irak und der anhaltenden Herausforderungen, mit denen alle Christen konfrontiert wurden, seien auch einige andere adventistische Kirchengemeinden im Lande nicht mehr aktiv. „Die Mitglieder haben das Land verlassen, um in Freiheit und Sicherheit zu leben“, sagte Yousif, „aber ich bete, dass alle Kirchen wieder geöffnet werden und alle Menschen von Jesus hören.“