100 Jahre Gehörlosengemeinschaft der Siebenten-Tags-Adventisten in Deutschland

Teilnehmer einer Gehörlosen-Bibelfreizeit

© Foto: Gerd Wildemann

100 Jahre Gehörlosengemeinschaft der Siebenten-Tags-Adventisten in Deutschland

APD
Hamburg

Anfänge in Bremen
Margarete Heine wurde 1894 als hörendes Kind gehörloser Eltern geboren. Sehr früh erlernte sie als die Älteste von sechs Kindern der Eheleute Heine die Handzeichensprache, um sich mit den Eltern verständigen zu können. Mit 24 Jahren lernte sie durch die Adventistin Giesecke den Glauben an Jesus Christus kennen. Als Kinderfräulein betreute Margarete Heine nach ihrer Taufe die gehörlosen Kinder Else und Hilda bei der gehörlosen Familie Pohl und erzählte ihnen auch von ihrem Glauben.

Im Januar 1920 wurde Frau Pohl, die Mutter von Else und Hilda, als erste Gehörlose getauft und in die Adventgemeinde Bremen aufgenommen. Mit 26 Jahren lernte Margarete den gehörlosen Berliner Carl Puich kennen. Er war Sozialist und glaubte nicht an Gott. Das änderte sich jedoch und er ließ sich am 20. Dezember 1920 taufen. Vier Tage später fand die Hochzeit mit Margarete statt. Die Trauung wurde von dem adventistischen Pastor Müller aus Magdeburg in Zeichensprache durchgeführt.

Carl Puich war der erste gehörlose adventistische Evangelist in Deutschland. Er begann 1921 die Bibel mit Gehörlosen zu studieren. Seine Frau Margarete dolmetschte jeden Sabbat (Samstag) im Gottesdienst das Bibelgespräch und die Predigt. Mit 35 Jahren wurde Margarete Puich auch als Gebärdensprachdolmetscherin an den Gerichten vereidigt. Ihre Dolmetschertätigkeiten waren nicht nur auf Bremen beschränkt. Auch zu Ärzten und Behörden wurde sie gerufen. Über 50 Jahre wirkte Margarete unermüdlich im Dienst an gehörlosen Mitmenschen. Carl Puich verstarb 1966, seine Frau 1982.

Ausbau der adventistischen Gehörlosengemeinschaft
Nach dem Tod von Carl Puich wurde der gehörlose Horst-Dieter Meyer evangelistisch tätig. Er hielt 1973 seine ersten Bibelvorträge unter Gehörlosen in Hannover. Horst-Dieter Meyer wurde neben seinem Beruf als Optikermeister in Stadthagen nach Carl Puich der zweite gehörlose Evangelist der Siebenten-Tags-Adventisten in Deutschland. Durch sein Engagement wuchs die adventistische Gehörlosengemeinschaft. Er starb 2015.

1974 fand die erste Gehörlosen-Bibelfreizeit im Bergheim Mühlenrahmede im Sauerland mit Horst-Dieter Meyer und Gastreferent Pastor Heinz Hopf statt. Es war der Start eines jährlich stattfindenden Gehörlosentreffens der adventistischen Gehörlosengemeinschaft auf Bundesebene.

1976 wurde Georg Pietruska Beauftragter, Dolmetscher und Koordinator für die adventistischen Dolmetscher. Er organisierte in den Adventgemeinden von 1976 bis 1996 Dolmetscherkurse. Pastor Gerhard Freitag, wurde von1987 bis 1990 offizieller Beauftragter der Freikirche für die adventistischen Gehörlosen. 1992 wurde Pastor Gerd Wildemann der zweite offizielle Bundesbeauftragte für die Gehörlosen. 2013 fand der erste internationale Gehörlosenkongress der Siebenten-Tags-Adventisten in Cologne/Frankreich statt. 2015 gab es den ersten internationalen Gebärdendolmetscher-Lehrgang für die Gebärdensprache International Sign Language (ISL) in Sevilla/Spanien.

Globaler Dienst für Gehörlose
Laut Gerd Wildemann, gibt es weltweit 250 bis 300 Millionen Gehörlose, von denen nur zwei bis vier Prozent Christen seien. Deshalb habe die Weltkirchenleitung (Generalkonferenz) der Siebenten-Tags-Adventisten erstmals mit Jeff Jordan, Collegedale, Tennessee/USA, einen gehörlosen Pastor zum Koordinator des Dienstes an Gehörlosen ernannt. Er soll als globaler Berater, Trainer und Evangelist tätig sein, um die rasch wachsende weltweite Arbeit der Adventisten unter Gehörlosen zu unterstützen. Pastor Jordan hat ein Theologiestudium absolviert und ist aktiv in gehörlosen Kirchengemeinden tätig.

Spezielle Dienste der Adventisten für Gehörlose gebe es gegenwärtig in Argentinien, Australien, Brasilien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Kanada, Kenia, Mexiko, den Philippinen, Russland, der Ukraine und den USA, so Pastor Wildemann.

Jubiläumsfeier in Hamburg
Bei der Jubiläumsfeier am 3. August in Hamburg werde Jordan im Gottesdienst um 10 Uhr die Predigt in ISL (Internationale Gebärden Sprache) gebärden. Dolmetscher würden dies in DGS (Deutsche Gebärdensprache) und in die Lautsprache Englisch / Deutsch übersetzen. Während des Gottesdienstes sei auch die Taufe einer Hörgeschädigten vorgesehen.

Am Samstag-Nachmittag gebe es unter anderem einen Einblick in den weltweiten Gehörlosendienst der Siebenten-Tags-Adventisten mit Berichten aus Deutschland, den USA und Brasilien. Aus Brasilien berichtet Douglas da Silva, São Paulo. Er sei der erste gehörlose adventistische Pastor in Brasilien für den Dienst an Hörgeschädigten in seinem Land, informierte Wildemann.