Verantwortungsvolle Politik nur mit ethischer Orientierung
Der Zeitpunkt der Veröffentlichung des Grundlagendokumentes der Bundesregierung sei ebenso passend wie herausfordernd, stellten Brahms und Rink fest. Konflikte und Kriege prägten die direkte Nachbarschaft Europas und drohten auf Europa selbst überzugreifen. Die Bedrohung für den Frieden wachse. Ziele und Mittel, Möglichkeiten und Grenzen des außen- und sicherheitspolitischen Handelns benötigten eine Neuausrichtung. Zu einer verantwortungsbewussten und nachhaltig an Frieden und Gerechtigkeit, menschlicher Sicherheit und Entwicklung ausgerichteten Politik gehöre jedoch auch eine ethische Orientierung, so der Friedensbeauftragte und der Militärbischof in ihrer gemeinsamen Reaktion.
Militärische Gewalt ein Zeichen des Versagens der Politik
Im „Weißbuch“ seien durchaus Grundeinsichten evangelischer Ethik, etwa in der Orientierung an der internationalen Rechtsordnung und der Ausrichtung auf nachhaltige Entwicklung, zur Kenntnis genommen worden. Es nenne menschliche Sicherheit und Entwicklung als prioritäre Ziele des politischen Handelns. Krisenfrüherkennung, Konfliktprävention und zivile Konflikttransformation seien vorrangige Instrumente dieser Politik. Doch das „Weißbuch“ konzentriere sich beim Thema Sicherheit und Konfliktprävention ganz auf den Beitrag der Bundeswehr. So entstehe der Eindruck, dass die eigentlich vorrangigen nichtmilitärischen Instrumente nicht in gleicher Weise in den Blick genommen würden. „Auffällig ist, dass der Leitbegriff des Friedens im Weißbuch weitgehend fehlt“, monierten Rink und Brahms. „Wir fragen, ob Sicherheitspolitik ohne die orientierende Kraft einer positiven Vision wie derjenigen des Gerechten Friedens überhaupt möglich ist.“ Als Zusammenhang von Frieden und Recht, Gerechtigkeit und Sicherheit sei dieser der entscheidende und orientierende Grundbegriff des sicherheitspolitischen Feldes.
Im „Weißbuch“ fehle zudem die deutliche Aussage, dass die Androhung und Ausübung militärischer Gewalt stets nur die „äußerste Möglichkeit“ sein könne. „Der Einsatz militärischer Gewalt ist immer ein Zeichen des Versagens politischen Handelns“, erinnerten der Militärbischof und der Friedensbeauftragte. „Es fehlen klare und orientierungsfähige Kriterien, wann und in welchen Fällen die Androhung und Anwendung militärischer Gewalt als ultima ratio gerechtfertigt ist.“
EKD will sich noch intensiver mit dem „Weißbuch“ befassen
Positiv bewerteten die beiden Kirchenvertreter „die Breite der Analyse und die Weite des Horizonts“ des Weißbuch-Prozesses. Als Ergebnis eines breit angelegten Beteiligungsprozesses biete das „Weißbuch“ eine Zusammenfassung vielfältiger Perspektiven. Rink und Brahms kündigten an, dass die evangelische Kirche sich mit kritischen und solidarischen Fragen an der weiteren Debatte beteiligen werde. Mit einer ausführlichen Stellungnahme der EKD zum „Weißbuch“ sei im Frühherbst zu rechnen.
Die gemeinsame Reaktion des Militärbischofs und des Friedensbeauftragten steht als Download unter www.ekd.de/EKD-Texte/weitere_texte.htm zur Verfügung.
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