Tauftheologien und Taufpraxis im Wandel

Mit Tauftheologien und Taufpraxis im Wandel befasste sich die 60. Europäische Tagung für Konfessionskunde, die vom 4. bis 5. März in Bensheim stattfand. Ziel war es, sich mit Veränderungen im Taufverständnis, der Taufanerkennung und der Taufpraxis in verschiedenen christlichen Kirchen zu beschäftigen.

Das Thema „Taufe“ werde heute weder ökumenisch noch innerevangelisch einheitlich gedeutet und praktiziert. Darauf verwies Jörg Bickelhaupt, Referent für interkonfessionelle Theologie am Zentrum Ökumene in Frankfurt/Main. Die Spannung zwischen Gläubigentaufe und Säuglingstaufe sei theologisch bis heute wirksam. Die Aspekte Bekehrung und Lebensänderung in Verbindung mit der Taufe würden vielfach aus dem Blick geraten. Bickelhaupt benannte drei hinter den unterschiedlichen Auffassungen stehende Grundfragen, die der ökumenischen Klärung bedürften: In welchem Zusammenhang stehen Willensfreiheit und (geschenkter) Glaube? Wird die Taufe als effektiv wirksame Handlung oder zeichenhaft verstanden? Und sind die Kirchen - auch bei unterschiedlicher Beantwortung grundsätzlicher Fragen - dazu bereit, die liturgische Praxis und theologische Auffassungen anderer Kirchen anzuerkennen?

Hubertus Schönemann, Leiter der Katholischen Arbeitsstelle „Missionarisch Kirche sein“ in Erfurt, referierte über die Erfahrungen mit der Taufvorbereitung Erwachsener im Bereich der römisch-katholischen Kirche. Den Erwachsenen stehe ein „gestalteter Weg des Christwerdens“ offen, mit den Schritten Vorkatechumenat, Gebet um Befreiung, Einschreibung zur Taufe, den unmittelbaren Vorbereitungen, der Buß- und Stärkungsfeier und schließlich mit der Taufe in der Osternacht als Höhepunkt. Ziel sei es, „den individuellen Glaubensvollzug zu entwickeln und zu stärken, die eigene Berufung als Teil der Sendung des Gottesvolkes zu entdecken.“

Neue Entwicklungen in der baptistischen Tauftheologie und Taufpraxis stellte Oliver Pilnei, Leiter der Evangelisch-Freikirchlichen Akademie Elstal, vor. Er plädierte dafür, die Taufe als „Initiationsritus“ aufzufassen, der einen lebenslangen Glaubensweg begründe. Dies dürfe von Baptisten nicht als „Behelfsbrücke“ zur Anerkennung der Säuglingstaufe gesehen werden sondern als Möglichkeit, die als Säugling getauften Christen in ihre Gemeinde aufzunehmen. Die Volkskirche hingegen müsse darüber nachdenken, den Zusammenhang von Säuglingstaufe und Kirchenmitgliedschaft zu entkoppeln.

Der Taufritus in der Russisch-orthodoxen Kirche bestehe seit dem vierten Jahrhundert fast unverändert, wie Evgeny Pilipenko referierte, der am Kyrill-und-Method Postgraduierteninstitut des Moskauer Patriarchates lehrt und Mitarbeiter des Kirchlich-Wissenschaftlichen Zentrums „Orthodoxe Enzyklopädie“ in Moskau ist. Die Lehrbildung zur Taufe sei in der Orthodoxie nicht sehr ausgeprägt und führe zu einem gewissen Freiraum für liturgische Entscheidungen der lokalen Priester, erläuterte Pilipenko. Allerdings bestehe in vielen russischen Familien ein traditionsgebundenes oder magisches Verständnis. Pilipenko stellte für westliche Hörer und Hörerinnen ungewöhnliche Aspekte dar, z.B. dass die orthodoxe Schöpfungslehre Taufen von Säuglingen verneint, die mit Hilfe von Leihmutterschaft gezeugt wurden, es sei denn Eltern bekennen ihre schwere Schuld und unterziehen sich einer Kirchenbuße.

Einen ungebrochenen Trend zur Kindertaufe stellte Regina Sommer, Professorin für Praktische Theologie an der Philipps-Universität Marburg, in ihrem nicht persönlich verlesenen Referat fest. Nahezu 89% aller Evangelischen würden sich für die Taufe eines Kindes entscheiden. Allerdings nehme diese Zustimmung bei Jüngeren ab, von den 20-29 Jährigen würden nur noch ein Fünftel ihr Kind taufen lassen, so die Ergebnisse der fünften Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Daraus ergäben sich nach Sommer neue Aufgaben für Theologie und Religionspädagogik. Kirche müsse die Beteiligten zunächst in ihrer Lebenssituation wahrnehmen und bei der Gestaltung der Tauffeier einbeziehen. Dabei sei eine Flexibilisierung der Orte und Zeiten erforderlich. Die Taufe sei „mehr als ein naiv-freundliches Lebensbegrüßungs- und Segensfest, ihr theologischer Tiefensinn macht sie attraktiv.“ Nötig sei nach Sommer auch, „den Zusammenhang von Taufe und Kirchenmitgliedschaft weiter zu denken.“

Den Zusammenhang von Wasserritual und gesprochenem Wort beleuchtete Jörg Neijenhuis, Professor für Praktische Theologie an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg. Taufe dürfe nicht dem „Eventcharakter“ allein verpflichtet sein. Kenntnisse über Bedeutung von Ritualen und Orten im Zusammenhang mit der Taufe würden verschwinden, wenn man unter freiem Himmel etwa am Badesee oder Flussufer taufe.

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