Bonn, 30.09.2014/APD Die Evangelische Arbeitsgemeinschaft für Kriegsdienstverweigerung und Frieden (EAK) will das Grundrecht auf Kriegsdienstverweigerung (KDV) wieder stärker ins öffentliche Bewusstsein rücken. "Auch nach Aussetzung der Wehrpflicht vor drei Jahren verweigern nach wie vor Männer und Frauen aus Gewissensgründen den Dienst mit der Waffe", betonte EAK-Bundesvorsitzender Dr. Christoph Münchow bei einem Studientag der EAK im badischen Bühl. Vor dem Hintergrund, dass seit 2011 immer mehr KDV-Beratungsstellen ihre Arbeit einstellen würden, ergebe sich hier eine wichtige Aufgabe für die künftige Tätigkeit der EAK, meinte Münchow: "Die Kriegsdienstverweigerung ist nach wie vor ein Thema."
Dass Fragen der Kriegsdienstverweigerung wichtiger würden, könne auch die Bundesgeschäftsstelle der EAK in Bonn bestätigen. "Bei uns nimmt die Zahl der Beratungen deutlich zu, zunehmend sind es auch Reservisten, die verweigern", berichtete Jasmin Schwarz, die zuständige Referentin der EAK. Zudem würde die evangelische Friedensorganisation auch verstärkt von Kirchen oder Organisationen um Rat gefragt.
Doch dieses Grundrecht auf Kriegsdienstverweigerung gerate zunehmend in Gefahr, warnte in Bühl der Bremer Rechtsanwalt Franz Korzus, der sich mit seiner Kanzlei auf das Wehr- und Soldatenrecht spezialisiert habe. So seien seit 2011 die Anerkennungsquoten für Kriegsdienstverweigerer immer weiter zurückgegangen, mittlerweile auf bis zu 50 Prozent. Dabei sei kaum vorstellbar, in welche Not Menschen geraten würden, denen dieses Grundrecht auf Kriegsdienstverweigerung abgesprochen werde. "Das ist ein Alarmzeichen, dass hier ein dringender Handlungsbedarf besteht", sagt Korzus.
"In unserer Arbeit stellen wir verstärkt fest, dass das Militär zunehmend Einfluss auf die Entscheidungen der zuständigen zivilen Stellen bei der Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer nimmt. Hier spielt die Bundeswehr eine sehr unklare Rolle", meinte der Anwalt in Bühl. Für ihn sei klar: "Wir müssen uns bewusst machen, dass hier ein wichtiges Grundrecht in Gefahr ist." Darum müssten alle Möglichkeiten genutzt werden, um diese Gefahr bewusst zu machen.
Friedhelm Schneider, Vorsitzender des Europäischen Büros für Kriegsdienstverweigerung in Brüssel, machte in Bühl deutlich, dass es wichtig sei, internationale Standards für den Schutz des Grundrechtes auf Kriegsdienstverweigerung festzulegen und diese auch zu befolgen: "Kriegsdienstverweigerung in Kriegsgebieten ist eine Säule für die nichtmilitarisierte Gesellschaft morgen."
Nach 1945 habe es 22 Jahre gedauert, bis das Thema Kriegsdienstverweigerung auf die Agenda einer internationalen Organisation, damals des Europarates, gekommen sei, bedauerte Schneider. Weitere 34 Jahre habe es nochmals gedauert, bis das Recht auf Kriegsdienstverweigerung außerhalb der Wehrpflicht voll anerkannt worden wäre, auch hier vom Europarat. Und wiederum erst zehn Jahre später habe der Europäische Menschenrechts-Gerichtshof dies anerkannt, bevor es nun langsam auch in der Exekutive einsickere. "Dabei ist die Kriegsdienstverweigerung ein essentieller Bestandteil der Glaubens- und Gewissensfreiheit", so Schneider.
Aber auch die Kirchen seien gefordert, hieß es beim EAK-Studientag. So solle die EAK das Thema in der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) stärker einbringen, ebenso in den evangelischen Landeskirchen. "Wir müssen das Thema auch hier wachhalten", forderte EAK-Bundesvorsitzender Christoph Münchow.
Dass die Kirchen hier einen Auftrag hätten, verdeutlichte Pfarrer Johannes Weissinger (Bad Laasphe). "Die Kirche steht bei diesem Thema in einer langen Tradition, doch sie muss das, was sie immer schon sagte, nicht nur wollen, sondern auch tun." Das Gegenteil von Krieg sei nicht der Frieden, sondern die Friedensarbeit. Es sei eine Herausforderung für die EAK, hier auf die Kirche einzuwirken.
Die Evangelische Arbeitsgemeinschaft für Kriegsdienstverweigerung und Frieden (EAK) ist innerhalb der "Konferenz für Friedensarbeit im Raum der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD)" der Dachverband für diejenigen, die in den evangelischen Landeskirchen und Freikirchen für Fragen der Kriegsdienstverweigerung (KDV) und Friedensarbeit zuständig sind. Bundesvorsitzender der EAK ist Oberlandeskirchenrat i.R. Dr. Christoph Münchow. Die EAK ist Teil der Friedensarbeit der Evangelischen Kirche in Deutschland und beschäftigt sich mit Fragen der Friedenstheologie, Friedensethik, Friedens- und Gewissensbildung und Friedenspolitik.
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