Große Mehrheit der Adventisten für Frauenordination im Osten der USA

Silver Spring, Maryland/USA, 31.07.2012/APD Mit einer Mehrheit von 80 Prozent haben am 29. Juli in Silver Spring, Maryland/USA, die Abgeordneten der adventistischen "Columbia Union Conference" (CUC) während einer außerordentlichen Delegiertenversammlung dem Antrag des CUC-Exekutivausschusses zugestimmt, "die Ordination zum Pastorendienst unabhängig vom Geschlecht" zu bewilligen. Die Abstimmung ergab 209 zu 51 Stimmen, neun Enthaltungen und zwei ungültige Stimmzettel, teilte die CUC-Kommunikationsabteilung mit.

Zur überregionalen Kirchenleitung der "Columbia Union Conference" (CUC) gehören acht regionale Kirchenleitungen, "Vereinigungen" genannt. Das Gebiet umfasst die US-Bundesstaaten Delaware, Maryland, New Jersey, Ohio, Pennsylvania, Virginia, West Virginia und den Distrikt of Columbia mit der Hauptstadt Washington.

Das bedeute, so die adventistische Kirchenleitung in Nordamerika, dass die "Columbia Union Conference" in Zukunft Anträge von regionalen Kirchenleitungen zur Ordination von Frauen zum Pastorenamt nicht mehr ablehnen werde, sodass ihre Vereinigungen die Ordination vornehmen könnten.

Mit diesem Votum schließt sich die "Columbia Union Conference" dem Norddeutschen Verband der adventistischen Freikirchenleitung in Nord- und Ostdeutschland an, deren Delegierte am 23. April 2012 mit knapp 80 Prozent Mehrheit beschlossen, die Ordination von Frauen zum Pastorenamt im Bereich ihres Verwaltungsgebiets zuzulassen.

Wenige Wochen vor der CUC-Delegiertenversammlung hatte die Weltkirchenleitung (Generalkonferenz) der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten in einem ungewöhnlichen Aufruf gegenüber den überregionalen adventistischen Kirchenleitungen, auch "Verbände" oder "Unionen" genannt, ein "ordnungsgemäßes Vorgehen" in der Ordinationsfrage angemahnt.

Stellungnahmen
Pastor Ted Wilson, Weltkirchenpräsident der Siebenten-Tags-Adventisten, der auch Kirchenmitglied einer Ortsgemeinde in der CUC-Kirchenregion ist, wandte sich laut "Adventist Today" an die Delegierten und habe sich gegen den Antrag ausgesprochen. Fatale Folgen für die Einheit der adventistischen Weltkirche sagte er für den Fall der Annahme des Antrages voraus. Gleichzeitig habe er die Delegierten um Geduld gebeten, bis 2014 die Ergebnisse einer Studiengruppe zur Ordinationsfrage vorliegen würden. Eine positive Entscheidung zur Ordination von Frauen als Pastorinnen werde in der adventistischen Weltkirche "zur Zersplitterung, zum Kongregationalismus (Autonomie der einzelnen Kirchengemeinden) und zum Zusammenbruch des internationalen Zusammenhalts führen", so Wilson. "Ich will euch in keiner Weise Angst machen. Ich präsentiere nur Fakten."

Nach Angaben von "Adventist Today" habe Pastor Lowell Cooper, einer der Vize-Präsidenten der Weltkirchenleitung (Generalkonferenz), als nächster Redner den Appell von Wilson wiederholt: "Unterlasst autonomes Handeln." Zudem habe Cooper einer Publikation widersprochen, in der im Vorfeld der Delegiertenversammlung die Aufgabenbereiche der kirchlichen Verwaltungsebenen dargestellt worden seien, wobei die Ordinationsfrage zum Kompetenzbereich der Verbände/Unionen gehöre. Die der Generalkonferenz untergeordneten Unionen hätten auch in Fragen, die zu ihrem Kompetenzbereich gehörten, nie unabhängig von der Weltkirchenleitung agiert, so Cooper, sondern immer in Absprache mit dieser, vor allem dann, wenn es sich um etwas noch nie Dagewesenes gehandelt habe.

Pastor William Miller, Präsident der "Potomac Vereinigung" und Pastor Raj Attiken, Präsident der "Ohio Vereinigung", beides regionale Kirchenverwaltungen, vertraten den Antrag des Exekutivausschusses ihrer überregionalen CUC-Kirchenleitung (Union) zur Einführung der Ordination für das Pastorenamt unabhängig vom Geschlecht. Sie hätten ausgeführt, so "Adventist Today", dass in der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten die Ordinationsfrage schon seit einem halben Jahrhundert studiert werde und bereits mehr als 30 größere Studien vorlägen. Schon 1881, so Miller, habe die adventistische Weltsynode (Generalkonferenz-Vollversammlung) für die Ordination von Frauen als Pastorinnen gestimmt, und Ellen White, eine prägende Persönlichkeit in der Gründungszeit der Adventisten, habe nie etwas Negatives dazu gesagt noch geschrieben. Es gebe auch in den Archiven der Weltkirchenleitung keinerlei Aufzeichnungen, welche dieser ersten Entscheidung zur Frauenordination widersprächen, so Miller.

1972 habe die Kirchenleitung der "Columbia Union Conference" der Ordination von Frauen als ehrenamtliche Gemeindeälteste zugestimmt, erläuterte Miller, obwohl dies damals unüblich gewesen sei und die Weltkirchenleitung vom Aufbrechen der Einheit in der Kirche gewarnt und von fatalen Folgen gesprochen habe. Heute gehöre die Ordination von Frauen als Gemeindeälteste zur adventistischen "Gemeindeordnung" und zu den "Arbeitsrichtlinien" (Working Policy) der Generalkonferenz. 1984 habe die "Columbia Union Conference" Frauen erlaubt, als angestellte, nicht ordinierte Pastorinnen zu arbeiten, sodass sie unter anderem Taufen und Hochzeiten durchführen durften, betonte Miller. Die gleichen Gegenargumente wie 1972 seien auch 1984 angeführt worden, und es sei vor einem "Erdbeben" in der Kirche gewarnt worden, das bis heute nicht eingetroffen wäre.

Der Präsident der Adventisten in Ohio, Pastor Raj Attiken, habe ebenfalls den Antrag verteidigt, heisst es bei "Spectrum". Die Einheit der Kirche liege primär in gemeinsamen Werten und Idealen und nicht in gleichen Kirchenstrukturen, hob Attiken hervor. "Vielfalt gehört untrennbar zu einer echten Einheit."

Diskussion
Nach Angaben von "Adventist Today" hätten sich anschließend während eineinhalb Stunden 38 Delegierte zu Wort gemeldet, mit jeweils zwei Minuten Redezeit. Die meisten hätten für den Antrag Stellung genommen. Argumente seien die ungerechte Behandlung der Frauen durch die Kirche gewesen, die damit verbundene Verletzung der Gefühle von Frauen in Europa und Nordamerika sowie die Zukunftsoffenheit der Kirche für die nächste Generation. Ein Gegner des Antrags habe angeführt, dass der Mann das Haupt der Frau sei, andere fürchteten, dass mit einem zustimmenden Beschluss die Weltkirche ihre Einheit verlieren und sich die Unterschiede zwischen den südlichen und nördlichen Weltkirchenregionen verschärfen könnten.

"Die Diskussionen sind offen und in einem guten Geist geführt worden", stellte Pastor Dave Weigley, Präsident der "Columbia Union Conference" und Moderator der Versammlung, in seinem Schlusswort fest. "Wir sind weiterhin ein Teil der weltweiten Kirche und bleiben dem globalen Auftrag der Siebenten-Tags-Adventisten verpflichtet", so Weigley nach der Abstimmung.

Ausblick
Es sei unklar, welches die nächsten Schritte der regionalen Kirchenleitungen in der "Columbia Union Conference" sein werden, so "Adventist Today". Es habe den Anschein, dass die "Mountain View Vereinigung", eine regionale Kirchenleitung im CUC-Gebiet, gegen den getroffenen Beschluss sei. Drei andere regionale Kirchenverwaltungen in der CUC-Kirchenregion hätten hingegen Pastorinnen angestellt, die demnächst ordiniert werden könnten.

Die adventistische "Pacific Union-Conference" (PUC), zu der die westlichen US-Bundesstaaten Arizona, Hawaii, Kalifornien, Nevada und Utah gehören, sei die zweite überregionale Kirchenleitung innerhalb des Gebiets der Nordamerikanischen Kirchenleitung (NAD), die am 19. August während einer außerordentlichen Delegiertenversammlung über einen ähnlichen Antrag wie die "Columbia Union Conference" abstimmen werde, teilte "Spectrum" mit. Da es sich bei jener Abstimmung aber um einen Änderungsantrag der Verfassung sowie der Geschäftsordnung handle, sei eine Zweidrittelmehrheit notwendig.

Die vierstündige CUC-Delegiertenversammlung wurde live über Internet ausgestrahlt, sodass Interessierte aus der ganzen Welt den Ablauf verfolgen konnten. Die Aufzeichnung der ganzen Versammlung ist ab dem 1. August über folgende Internet-Adresse zugänglich: www.columbiaunion.org/2012specialconstituency

Die "Columbia Union Conference" (CUC) mit ihren acht regionalen Kirchenleitungen (Vereinigungen), betreut insgesamt 135.000 erwachsen getaufte Adventisten, die sich in mehr als 700 Kirchengemeinden versammeln. Sie unterhalten 90 Grund- und weiterführenden Schulen, eine Universität, eine medizinische Hochschule, zwei Netzwerke im Gesundheitswesen sowie zahlreiche lokale Sozialdienste.
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