Neues Religionsgesetz reduziert anerkannte Glaubensgemeinschaften auf 14
Budapest/Ungarn, 07.08.2011/APD Mit Inkrafttreten des neuen Religionsgesetzes zum 1. Januar 2012, das vom Ungarischen Parlament am 11. Juli beschlossen wurde, bleiben 14 "traditionelle" Kirchen und Religionsgemeinschaften rechtlich anerkannt, wie Kathpress mitteilt. Die anderen 344 registrierten religiösen Organisationen, darunter auch die Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten, müssten um eine Neuregistrierung nachsuchen. Über die gesetzliche Anerkennung einer Religionsgemeinschaft entscheide in Zukunft auf Antrag des zuständigen Ministers das Ungarische Parlament mit Zweidrittelmehrheit.
Er sei verwundert und bestürzt, sagte Pastor Tamás Ócsai, Präsident der Adventisten in Ungarn, dass die Freikirche trotz vorheriger gegenteiliger Zusicherungen durch leitende Regierungsvertreter nun doch verpflichtet wäre, das aufwändige Verfahren zur Neuregistrierung im Parlament zu durchlaufen. "Wir prüfen derzeit diese Angelegenheit mit den Mitgliedern, Juristen und internationalen Gremien unserer Kirche, um im September das weitere Vorgehen zu beschließen", so Ócsai. "Die Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten in Ungarn erfüllt alle Kriterien zur Neuregistrierung", hob er hervor.
"Das Verfahren zur Neuregistrierung ist nun politischen Interessen unterworfen", betonte Pastor Raafat Kamal (St. Albans/England), Direktor für Öffentliche Angelegenheiten und Religionsfreiheit der adventistischen Kirchenleitung in Nord- und Südosteuropa. "Eine Entscheidung wird vom jeweiligen politischen Klima abhängig sein und setzt religiöse Minderheiten der Beliebigkeit und Diskriminierung aus", so Kamal.
Pastor John Graz (Silver Spring, Maryland/USA), Direktor für Öffentliche Angelegenheiten und Religionsfreiheit der adventistischen Weltkirchenleitung, sieht mit der Verabschiedung des neuen Gesetzes die Einordnung Ungarns, ein Land zu sein, das die grundlegenden Menschenrechte respektiert und schützt, gefährdet. "Dieses Gesetz steht im Widerspruch zu den europäischen Werten und den internationalen Konventionen zum Schutz der Religionsfreiheit", sagte Graz. "Wir bitten den ungarischen Gesetzgeber, sich der Botschaft bewusst zu werden, die dieses Gesetz an die internationale Gemeinschaft sendet, und Schritte zum Schutz von religiösen Minderheiten einzuleiten."
Der Neuregelung des Anerkennungsrechts war eine offizielle Erhebung vorausgegangen, bei der sich herausgestellt habe, dass viele der über 300 registrierten Kirchen und religiösen Gemeinschaften nicht mehr existierten. Das neue Gesetz trägt den Titel: "Recht zur Religions- und Gewissensfreiheit sowie Rechtsstellung der Kirchen, Religionskonfessionen und Religionsgemeinschaften".
Weder die Ungarische Verfassung noch das vorliegende Gesetz enthalte einen Passus über die negative Religionsfreiheit, also die Freiheit, nicht zu glauben, kritisierte das Online-Magazin für weltlichen Humanismus.
Die 14 "Anerkannten"
Unter den 14 "Anerkannten" befänden sich die sogenannten "historischen Kirchen", wie die römisch-katholische, lutherische, reformierte und die orthodoxe Kirche, sowie die jüdische Gemeinschaft, schreibt kathpress. Daneben seien auch die Baptisten, Unitarier und die Pfingstkirche "Hit Gyülekezete" (Gemeinde des Glaubens) voll anerkannt.
Neues Verfahren für Anerkennung
Für die kleinen und bislang registrierten Religionsgemeinschaften, die jetzt keine Anerkennung erhalten haben, regelt das neue Gesetz das Prozedere zur Erlangung des vollen rechtlichen Status. Voraussetzungen für die Beschlussfassung im Parlament sind das Vorhandensein einer Gemeinde beziehungsweise einer Gemeinschaft, die sich in erster Linie religiös betätigt. Der religiöse Charakter muss durch ein Glaubensbekenntnis und durch entsprechende Rituale gegeben sein. Ferner muss die Antrag stellende Gemeinschaft seit mindestens 20 Jahren als Institution bestehen. Die Statuten der Gemeinschaft müssen Organe vorsehen, denen es möglich ist, eine Loyalitätserklärung gegenüber der Ungarischen Verfassung abzugeben. Diese Erklärung habe zum Inhalt, dass die Organisation verfassungskonform sei, keine Gefahr für "Moral und menschliche Würde" darstelle, keine Gesetze verletze und auch die Rechte und Freiheiten anderer nicht beeinträchtige, so kathpress.
In Ungarn versammeln sich 4.683 erwachsen getaufte Adventisten in 110 Kirchengemeinden zum Gottesdienst. Sie unterhalten ein Theologisches Seminar, ein Medienzentrum sowie ein Alten- und Pflegeheim.
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