Reformationstag erstmals Feiertag in Chile

Santiago de Chile, Mannheim, 27.10.2008/APD Zum ersten Mal begehen in diesem Jahr die evangelischen Christen in Chile den Reformationstag am 31. Oktober als staatlich anerkannten "Nationalen Feiertag der evangelischen Kirchen und Protestanten". Der neue, in Lateinamerika einzigartige Feiertag ist durch ein Dekret des damaligen chilenischen Präsidenten Ricardo Lagos Escobar am 28. Dezember 2005 eingeführt und von der jetzigen Staatspräsidentin Michelle Bachelet Jeria am 10. Oktober 2008 durch ein entsprechendes Gesetz in Kraft gesetzt worden. Kirchenvertreter sprachen von einem Ende der Diskriminierung im öffentlichen Leben des Landes. Mit dem 31. Oktober als Feiertag werde die stetig wachsende soziale und religiöse Rolle der evangelischen Kirchen anerkannt. Von den 16,4 Millionen Einwohnern Chiles sind 72 Prozent römisch-katholisch und 13 Prozent Protestanten. Außerdem gibt es Minderheiten von Bahai, Juden und Anhängern einheimischer Religionen.

Wie Pastor Dr. Ricardo Abos-Padilla (Mannheim), Mitarbeiter des Instituts für kulturrelevante Kommunikation und Wertebildung des Süddeutschen Verbandes der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten, mitteilte, habe er bereits am 31. Oktober 1977 in der Evangelisch-Lutherischen Kirche von Concepcion/Chile einen Vortrag über die Ursachen der Reformation und deren Auswirkungen gehalten. Als Professor für Neuere Geschichte der dortigen Universität sei es ihm dabei um die vier "Säulen der Reformation" (allein Christus, allein aus Gnade, allein aus Glauben, allein die Heilige Schrift) gegangen und um die Notwendigkeit, den Glauben ständig durch diese Maßstäbe zu überprüfen. Deshalb habe er betont, dass die Reformation immer noch aktuell sei.

Unter den 140 Zuhörern wären auch Pastoren von anderen evangelischen Kirchen und aus Pfingstgemeinden gewesen sowie ein Weihbischof der römisch-katholischen Kirche. Einige Wochen später hätten ihn Vertreter verschiedener Kirchen zu einem Gespräch gebeten. Schon damals sei darüber geklagt worden, dass es in Chile keinen Feiertag gebe, der die Identität von Nicht-Katholiken bezeuge. Der Vortrag habe sie auf die Idee gebracht, dass der Reformationstag den Evangelischen, Evangelikalen und Pfingstchristen wenigsten staatsrechtlich eine Anerkennung verschaffen könnte. So sei Abos-Padilla als Historiker gebeten worden, ein Jahr später, am 31. Oktober 1978, in einem Stadion von Concepcion vor 4.000 Personen erneut über die Reformation zu sprechen. Später hätten ihn verschiedene Kirchen zu ähnlichen Vorträgen eingeladen.

Ricardo Abos-Padilla arbeitet seit Mitte der 1980er Jahre als Pastor in Deutschland und der Schweiz. Er freue sich, dass sich die damals diskutierte Idee nach fast 30 Jahren in Chile durchgesetzt habe. Es sei ihm aber nicht nur um das Feiern eines bestimmten Tages, sondern auch um das Hervorheben der Ideale der Reformation gegangen.
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