"Aus friedensbewegten Mennoniten werden Spezialisten für Militärrecht"

Höchst/Odenwald | APD

Höchst/Odenwald, 25.09.2008/APD Den "Friedrich Siegmund-Schultze Förderpreis für gewaltfreies Handeln" erhielten in Höchst/Odenwald das Projekt "Dorf der Freundschaft" (Bönnigheim-Hofen bei Heilbronn) und die Initiative "Military Counceling Network" (Bammental bei Heidelberg). Die Evangelische Arbeitsgemeinschaft zur Betreuung der Kriegsdienstverweigerer (EAK) mit Sitz in Bremen verlieh damit zum siebten Mal die mit je 3.000 Euro dotierte Auszeichnung. Sie erinnert an das friendens- und sozialethische Wirken des evangelischen Theologen und Ökumenikers Friedrich Siegmund-Schultze (1885-1969). Die EAK ist der Zusammenschluss der Beauftragten für Kriegsdienstverweigerer und Zivildienstleistende in den evangelischen Kirchen, zu deren Auftrag auch die Arbeit für Frieden und Zivile Konfliktbearbeitung gehört.

Das prämierte "Dorf der Freundschaft" besteht seit 1998 in der Nähe der vietnamesischen Hauptstadt Hanoi und wurde von US-amerikanischen Kriegsveteranen von Deutschland aus initiiert. Es bietet Opfern des Vietnamkrieges eine neue Heimat. Im Dorf leben 160 Menschen, davon 120 Kinder und Jugendliche.

Das "Military Counseling Network" (MCN) ist in Deutschland auf Initiative des Deutschen Mennonitischen Friedenskomitees und der Initiative Connection e. V. 2003 entstanden. Es berät Soldatinnen und Soldaten, die aus Gewissensgründen den Dienst in der US-Armee beenden wollen. Ihre Lage ist problematisch, da die Militärdienstverweigerung aus Gewissensgründen in den Vereinigten Staaten nicht als Grundrecht, sondern in einem komplizierten Verfahren geregelt ist, das militärischem Einfluss unterliegt.

In seiner Laudatio zur Preisverleihung betonte der EAK-Bundesvorsitzende, Landessuperintendent i. R. Walter Herrenbrück, dass Kriege nachwirkten. "Sie sind nicht zu Ende, auch wenn sie für beendet erklärt wurden." Da seien immer noch die Vielen, die an den Spätfolgen des Krieges litten - an bleibenden körperlichen Gebrechen und seelischen Verletzungen. Die Realität des Krieges dürfe nicht weltweit zur Resignation führen. "Friedensarbeit und Friedensdienste mögen wie ein Tropfen Wasser auf einen heißen Stein sein; aber vielleicht kann daraus doch eine Quelle werden, die erhitzte Gemüter abkühlt, die Friedfertigen erquickt und manchen Gewalttäter zum Umdenken bewegt."

"Wenn du überlebst, dann musst du für den Frieden leben", sagte sich der US-Soldat George Mizo, als er im Januar 1968 während einer der schlimmsten Schlachten des Vietnamkrieges schwer verwundet wurde. Als Christ und Amerikaner hatte er sich freiwillig nach Vietnam gemeldet, um den armen Bauern Südvietnams gegen die kommunistische Aggression beizustehen. Doch bald wurde ihm klar, dass er mithalf, das zu zerstören, was er eigentlich schützen wollte. Durch diese dramatische Erfahrung kam es laut der Vorsitzenden des Vereins "Dorf der Freundschaft", Rosemarie Höhn-Mizo, zu der Idee, in Vietnam ein Versöhnungsprojekt durchzuführen.

Michael J. Sharp vom "Military Counceling Network" schilderte, wie schwierig es für friedensbewegte Mennoniten gewesen sei, sich für amerikanische GI‘s einzusetzen, die sich freiwillig gemeldet hatten. "Doch auch Soldaten können ihre Waffen niederlegen. So wurden aus Mennoniten, die keine Ahnung von militärischen Strukturen hatten, Spezialisten für Militärrecht, um US-Soldaten zu beraten."
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