Leipzig, 14.05.2008/APD Eine der weltweit ältesten Bibelabschriften, der Codex Sinaiticus, wird im Internet wiedervereinigt. Wie die Universitätsbibliothek Leipzig bekanntgab, sind seit dem 8. Mai 43 Seiten der Bibelhandschrift unter www.e-manuscripts.org einsehbar. Die rund 400 erhaltenen Blätter des 1.600 Jahre alten Codex Sinaiticus (CS) sollen bis 2009 vollständig digitalisiert und in der Datenbank zusammengeführt werden.
Heute befinden sich die Teile der griechischen Handschrift an vier verschiedenen Standorten. Es sind die British Library in London, das Katharinen-Kloster auf der ägyptischen Sinai-Halbinsel, die russische Nationalbibliothek in St. Petersburg und die Universitätsbibliothek Leipzig. Seit 2005 arbeiten die Einrichtungen bei dem Projekt zusammen.
Geplant sind auch eine gedruckte Faksimileausgabe, eine Ausstellung und ein Fernseh-Dokumentarfilm über die Sinai-Bibel. Der Codex Sinaiticus gehört mit dem Codex Vaticanus zu den ältesten erhaltenen Bibelabschriften und ist unter ihnen die einzige mit vollständiger Fassung des Neuen Testaments. Sie befand sich Jahrhunderte lang im Alleinbesitz des Katharinen-Klosters auf dem Sinai, der dem Codex den Namen gab. 43 Pergament-Blätter des Codex wurden 1844 von dem deutschen Theologen und Orientforscher Constantin von Tischendorf nach Leipzig gebracht.
Weitere Blätter erwarb Tischendorf vom Kloster 1859 und übereignete sie Zar Alexander II. für die Russische Nationalbibliothek in St. Petersburg. Bis auf fünf Blätter verkaufte die sowjetische Regierung sie 1933 an das Britische Museum in London. Von dort gingen die 347 Blätter an die British Library. Elf weitere Blätter wurden 1975 im Katharinen-Kloster aufgefunden, blieben aber bisher unveröffentlicht. Ursprünglich soll der Codex noch etwa 330 weitere Blätter umfasst haben, die zum Alten Testament gehörten. Sie gelten heute als verloren.
Die digitale Fassung geht über die reine Abbildung des Textes, der ausschließlich in Großbuchstaben, ohne Leerzeichen und Bilder gesetzt ist, hinaus. Internetnutzer und Forscher können die Seiten wie einen digitalen Film verschieben, Textstellen vergrößern und sich die griechische Transkription sowie die deutsche Übersetzung anzeigen lassen.
Reinhold Scholl, Professor für Alte Geschichte in Leipzig, geht davon aus, dass die Digitalisierung des Codex "die Forschung befeuern wird". Denn die 43 Pergamentblätter wären sehr empfindlich sowie sehr wertvoll und daher kaum zugänglich. Außerdem seien auf den digitalen Blättern mehr Details zu erkennen als auf dem Original.
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