Präsident der weltweiten Adventisten für Kriegsdienstverweigerung

Silver Spring, Maryland/USA, 23.04.2008/APD „Krieg, Frieden und die Beteiligung am Militärdienst sind keine wertneutralen Angelegenheiten", betonte der Präsident der adventistischen Generalkonferenz (Weltkirchenleitung), der norwegische Pastor Dr. Jan Paulsen (Silver Spring, Maryland/USA), in der internationalen Zeitschrift der Freikirche „Adventist World". „Jeder Mensch ist, unabhängig vom gewählten Lebensweg und Verhalten, unendlich wertvoll für Gott". Auch die christliche Gemeinde dürfe nie vergessen: „Der Gott, dem wir dienen, ist ein Heiler und Erlöser." Heilen und retten seien auch für die Kirche die wichtigste Aufgabe.

Paulsen erinnerte an die Resolution des Generalkonferenz-Ausschusses aus dem Jahr 1867, welche aufgrund der Erfahrungen mit dem Amerikanischen Bürgerkrieg (1861-1865) gefasst wurde: „Das Tragen von Waffen oder die Teilnahme am Krieg ist eine direkte Verletzung der Lehre unseres Erlösers sowie von Geist und Buchstaben des Gesetzes Gottes." Wer eine Waffe in die Hand nehme, sei auch bereit, sie zu gebrauchen, um einem anderen das Leben zu nehmen, hob der Kirchenpräsident hervor. Ein Geschöpf Gottes zu töten, und sei es ein „Feind", widerspreche dem, was die Freikirche für heilig und recht ansehe.

Diese Erkenntnis habe das Verhalten von Adventisten im Frieden und im Krieg geprägt. Viele hätten sich für den waffenlosen Sanitätsdienst in den Streitkräften entschieden. Gegenüber den Militärbehörden erklärten sie: „Ich kann nicht eingesetzt werden, um Leben zu nehmen. Dadurch würde ich meine eigene Persönlichkeit zerstören. Aber ich kann Menschen helfen, die in diesem Krieg verwundet werden. Ich kann als Christ Heiler sein."

Heute gebe es glücklicherweise in den meisten Ländern die Möglichkeit, statt des Militärdienstes einen waffenlosen Alternativdienst zu leisten. Wo dies nicht der Fall sei, rät Paulsen: „Die Strafe für die Kriegsdienstverweigerung, vielleicht sogar eine Gefängnishaft, auf sich zu nehmen, kann die Entscheidung sein, die du einfach deshalb triffst, weil du deinen Glaubensüberzeugungen und deinem Gott treu sein willst."

Paulsen schließt seinen Aufruf mit der Bitte an die Mitglieder der Freikirche, keinen Adventisten fallen zu lassen, der sich entschieden habe, Kriegsdienst zu leisten, sondern für jeden da zu sein. Er gestehe ein, dass es sich um kein einfaches Thema handele und ermutigt alle Mitglieder, „sich im Geist der Demut in unseren Familien, Gemeinden und Schulen mit dem Thema zu befassen." Der adventistische Kirchenpräsident nahm mit seinem Artikel indirekt Bezug auf das Verhalten von Adventisten in den USA.

„Etwa 7.500 Mitglieder der Freikirche dienen zur Zeit als Soldaten in den Streitkräften der Vereinigten Staaten", teilte Pastor Gary R. Councell, stellvertretender Leiter der Militär-, Krankenhaus- und Gefängnisseelsorge der adventistischen Weltkirchenleitung (Generalkonferenz), mit. Sie würden von rund 50 Militärgeistlichen der Freikirche betreut. „Doch wo bleiben die Nichtkämpfer, wie beispielsweise der Adventist Desmond Doss, der sich im Zweiten Weltkrieg weigerte, eine Waffe in die Hand zu nehmen, und dennoch als Sanitäter von US-Präsident Harry S. Truman die Ehrenmedaille des Kongresses als höchste Auszeichnung der Vereinigten Staaten für die Rettung von 75 verwundeten Kameraden auf Okinawa erhielt?", fragte Councell. Als die Freikirche im 19. Jahrhundert gegründet wurde, hätten keine Zweifel bestanden, dass Adventisten Kriegsdienstverweigerer aus Gewissensgründen seien.

Noch in den 1970er Jahren sei es für fast alle Siebenten-Tags-Adventisten in den USA undenkbar gewesen, sich freiwillig zum Militärdienst zu melden. Doch das habe sich inzwischen geändert, beklagte Douglas Morgan (Silver Spring, Maryland/USA), Vorsitzender der 2001 gegründeten privaten Adventist Peace Fellowship (Adventistische Friedensgemeinschaft). Ein Wendepunkt sei nach dem Rückzug der USA aus dem Vietnamkrieg die Aussetzung der Wehrpflicht im Jahr 1973 gewesen. Seitdem habe die adventistische Kirche in den Vereinigten Staaten kaum noch Seminare für junge Leute zum Thema Militärdienst durchgeführt. Auch verfüge sie dort nur noch über sehr wenige Experten, die Jugendliche zu diesem Thema fachkundig beraten könnten. „Über Kriegsdienstverweigerung wird in adventistischen Schulen, Kirchengemeinden und Elternhäusern eigentlich nicht mehr gesprochen, da die Wehrpflicht schon zu lange zurückliegt. Aber wie sollen Jugendliche dann eine Orientierungshilfe bekommen?", gab Morgan zu bedenken. Daher sei es nicht verwunderlich, dass die Armee in die berufliche Planung mit einbezogen werde.

Laut Pastor Councell sei der Wehrdienst für junge Adventisten durchaus attraktiv. So wäre ein Hochschulbesuch in den USA sehr teuer. Hier biete die Regierung nach dem Motto „Gehst du zu den Streitkräften, finanziere ich dein Studium" Hilfe an. Arbeitslose ohne Perspektive fänden in der Armee ein geordnetes Dasein, wüssten, was von ihnen erwartet werde, und könnten eine Berufsausbildung absolvieren. Vielen stelle sich nicht mehr die Frage, ob die Ausbildung zum Töten ethisch zu verantworten sei. Sie sähen in den Streitkräften die Möglichkeit, später als Zivilisten bessere Berufschancen zu haben. In den USA leben rund eine Million erwachsen getaufte Siebenten-Tags-Adventisten in 4.821 Gemeinden.

„In Deutschland leisten fast alle wehrpflichtigen Adventisten Zivildienst", teilte Pastor Martin Knoll (Hannover), Jugendabteilungsleiter des Norddeutschen Verbandes der Siebenten-Tags-Adventisten, mit. Selbst in der früheren DDR hätten etwa 90 Prozent der wehrpflichtigen Mitglieder der Freikirche den waffenlosen Dienst als Bausoldaten gewählt, obwohl er mit Schikanen und beruflichen Nachteilen verbunden gewesen wäre.
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